EuGH-Grundsatzurteil zu Auskunfteien

Europäischer Gerichtshof (EuGH) entscheidet über Datenschutz bei Wirtschafts-Auskunfteien

Datenschutz-Praktiken von Auskunfteien wie der Schufa stehen im Fokus von Datenschützern. Der EuGH verkündet wegweisende Urteile in den Verfahren C-26/22, C-64/22 und C-634/21 bezüglich Datenschutz und Wirtschaftsauskunfteien.

Die Urteile des EuGH betreffen die Datenerhebung aus öffentlichen Registern, die Speicherdauer dieser Daten und die Nutzung von Scorewerten. Des Weiteren werden Beschwerdemöglichkeiten bei Datenschutzaufsichtsbehörden und Verhaltensregeln von Wirtschaftsverbänden thematisiert. 

Die Urteile gewähren EU-Bürgern erweiterte Rechte.

Diese Gerichtsentscheidungen beeinflussen maßgeblich die Arbeitsweise von Wirtschaftsauskunfteien und stärken die Rechte der betroffenen EU-Bürger. Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte aus den Urteilen zusammengefasst.

Zugriff auf öffentliche Register

Bisher durften Auskunfteien Daten aus öffentlichen Registern für ihre Zwecke nutzen. Der EuGH entschied nun, dass Auskunfteien Daten zur Restschuldbefreiung nicht länger speichern dürfen als das öffentliche Insolvenzregister, also nicht über sechs Monate hinaus. Dies begründet sich damit, dass die Restschuldbefreiung von existenzieller Bedeutung für die betroffene Person ist. Zudem müssen Daten ohne rechtliche Grundlage unverzüglich gelöscht werden.

Beschränkung von Score-Bewertungen

Künftig sind Wirtschaftsauskunfteien nicht mehr allgemein berechtigt, die Kreditwürdigkeit von Kreditnehmern anhand von Score-Bewertungen zu beurteilen.

Deutlich erweitertes Beschwerderecht gemäß neuem EuGH-Urteil

Das neue EuGH-Urteil gewährt allen betroffenen Personen das Recht, bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde Beschwerde einzulegen, wenn sie der Meinung sind, dass die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten unzulässig ist. Die Behörde ist verpflichtet, solchen Beschwerden nachzugehen und Entscheidungen individuell zu treffen. Es wird klargestellt, dass die betroffene Person gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht Klage erheben kann.

Vor dem EuGH-Urteil war der Charakter von Beschwerden und des Beschwerdeverfahrens sowie die Befugnis der Gerichte zur Prüfung umstritten. Der EuGH legt fest, dass die Entscheidung der Datenschutzaufsichtsbehörde einer umfassenden inhaltlichen Kontrolle durch das zuständige Gericht unterliegt. Dennoch steht der Aufsichtsbehörde ein Ermessensspielraum zu, wie sie das Beschwerdeverfahren durchführt und welche Maßnahmen sie ergreift. Laut Hessens oberstem Datenschutzbeauftragten Prof. Dr. Alexander Roßnagel begrüßt diese Feststellung des EuGH. Sie entspricht der Praxis der Aufsichtsbehörden und der überwiegenden Gerichtspraxis und schafft Rechtssicherheit bezüglich der Aufgaben der Aufsichtsbehörden und des Prüfungsumfangs der Gerichte.

Eingeschränkte Befugnis von Wirtschaftsverbänden zur Definition von Verhaltensregeln

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ermöglicht es wirtschaftlichen Organisationen grundlegend, Verhaltensregeln für ihre Mitglieder festzulegen. Diese Regeln sollen ihren Mitgliedern helfen, mehr Rechtssicherheit im Umgang mit den allgemeinen Bestimmungen der DSGVO zu schaffen. Jedoch sind solche Verhaltensregeln nur wirksam, wenn sie von der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde genehmigt wurden.